Ein Burnout ist eine zutiefst erschöpfende Erfahrung, die jeden treffen kann. Für Menschen mit ADHS kann diese Erfahrung jedoch komplexer sein. Die ohnehin vorhandenen Herausforderungen in Bezug auf Exekutivfunktionen, Aufmerksamkeit, Impulsivität und Selbstregulation können sich durch den Burnoutzustand verstärken. Dies erschwert die ohnehin schwierige Phase der Neuorientierung zusätzlich. Hier können die Persönlichkeitssysteminteraktion (PSI-Theorie) und die darauf basierende PSI-Diagnostik wertvolle Unterstützung bieten.
Besondere Herausforderungen von ADHS und Burnout
Menschen mit ADHS sind oft von einem inneren Motor getrieben, der sie zu starkem Engagement anspornt. Identifizieren sie sich mit ihrem Job, neigen sie zur Überkompensation und zeigen hohe Leistungsbereitschaft. In Kombination mit Schwierigkeiten in der Selbstwahrnehmung und dem Setzen von Grenzen können sie ihre Ressourcen überstrapazieren und in einen Burnout geraten. Die Symptome des Burnouts, wie Erschöpfung, Distanzierung und verminderte Leistungsfähigkeit, können sich mit typischen ADHS-Symptomen überschneiden oder diese verstärken. Dies erschwert eine klare Diagnose und einen individuellen Genesungsweg.
Was ist die PSI-Theorie / PSI-Diagnostik?
Die PSI-Theorie von Prof. Julius Kuhl betrachtet die menschliche Persönlichkeit als komplexes Zusammenspiel verschiedener psychischer Systeme. Dazu gehören das intuitive Erfahrungssgedächtnis für implizites Lernen und unbewusste Handlungen sowie das rationale Willensgedächtnis für bewusstes Planen und Handeln. Die Theorie postuliert, dass Stress und Überlastung zu einer Dysregulation dieser Systeme führen können. Die PSI-Diagnostik ist ein psychologisches Testverfahren, das auf dieser Theorie basiert. Sie erfasst differenziert, wie die verschiedenen psychischen Systeme einer Person funktionieren und interagieren. Dadurch werden Stärken und «Schwächen», aber auch unbewusste Motive und Stressverarbeitungsstrategien sichtbar. Mehr Infos dazu und den Ablauf finden Sie hier.
Wie sie Betroffenen helfen kann
Für Menschen mit ADHS, die einen Burnout erlebt haben, bietet die PSI-Diagnostik mehrere entscheidende Vorteile für die Neuorientierung:
- Detaillierte Selbstkenntnis: Die Diagnostik liefert ein tiefes Verständnis der eigenen psychischen Funktionsweise. ADHS-Betroffene können so besser erkennen, welche ihrer Persönlichkeitsmerkmale sie möglicherweise in den Burnout getrieben haben und welche Ressourcen sie für die Genesung und zukünftige Belastungen nutzen können.
- Identifizierung von Stressoren und Ressourcen: Die PSI-Diagnostik hilft, individuelle Stressoren und ineffektive Bewältigungsstrategien aufzudecken. Gleichzeitig werden persönliche Ressourcen und Potenziale sichtbar, die für die Reintegration und die Entwicklung eines gesünderen Lebensstils genutzt werden können.
- Passgenaue Interventionsstrategien: Basierend auf dem individuellen Profil können massgeschneiderte Strategien entwickelt werden, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Funktionsweisen der Person zugeschnitten sind. Dies kann beispielsweise die Entwicklung von besseren Selbstmanagement-Techniken, den bewussten Einsatz von Stärken oder die Veränderung dysfunktionaler Denkmuster umfassen.
- Förderung der Selbstregulation: Die PSI-Diagnostik kann aufzeigen, in welchen Bereichen die Selbstregulation beeinträchtigt ist und Ansatzpunkte für gezielte Interventionen bieten. Dies ist besonders relevant für Menschen mit ADHS, die oft Schwierigkeiten in diesem Bereich haben.
- Stärkung der Motivation und des Selbstvertrauens: Ein besseres Verständnis der eigenen Person und der eigenen Ressourcen kann die Motivation für Veränderungen und das Vertrauen in die eigene Fähigkeit zur Bewältigung stärken. Dies ist entscheidend für den oft langwierigen Prozess der Neuorientierung nach einem Burnout.
- Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung: Die Erkenntnisse aus der PSI-Diagnostik können wertvolle Hinweise für die berufliche Weiterentwicklung oder Neuorientierung liefern, indem sie aufzeigen, welche Arbeitsumfelder und Aufgaben besser zu den individuellen Bedürfnissen und Stärken passen.
Wie Burnout bei Menschen mit ADHS entstehen kann
Ein wesentlicher Faktor, der zur Entstehung von Burnout bei Erwachsenen mit ADHS beitragen kann, ist das ständige Gefühl der «Andersartigkeit» und der damit verbundene Anpassungsdruck. Viele Betroffene haben ein Leben lang versucht, sich an neurotypische Strukturen und Erwartungen anzupassen. Dies geht oft mit einem tiefgreifenden Gefühl einher, «nicht richtig» zu sein. Dieser kontinuierliche Anpassungsstress kann chronisch werden und schliesslich in einem Burnout münden. Hinzu kommen Schwierigkeiten in der Selbstregulation und beim Setzen von Grenzen. Die Impulsivität und die mangelnde Fähigkeit, eigene Grenzen frühzeitig zu erkennen und zu wahren, können dazu führen, dass sich Menschen mit ADHS überarbeiten und ihre eigenen Bedürfnisse so lange ignorieren, bis die Erschöpfung unaufhaltsam einsetzt.
Auch die für ADHS typische Intensität und der Hyperfokus können paradoxerweise zum Burnout beitragen. Während der Hyperfokus in bestimmten Bereichen eine Stärke darstellen kann, führt die intensive Verausgabung in diesen Interessen oft zu einem Ungleichgewicht. Dabei werden andere wichtige Lebensbereiche vernachlässigt und die allgemeinen Ressourcen erschöpfen sich. Die erhöhte Anfälligkeit für psychische Begleiterkrankungen wie Angststörungen und Depressionen, die bei Erwachsenen mit ADHS häufiger auftreten, kann die Burnout-Gefahr zusätzlich erhöhen. Des Weiteren können schlechtes Zeitmanagement und Prokrastination, ebenfalls häufige Symptome von ADHS, zu chronischem Stress durch ständigen Zeitdruck und unerledigte Aufgaben führen.
Unterschiede zum «normalen» Burnout
Während «normaler» Burnout oft primär mit chronischem Stress am Arbeitsplatz in Verbindung gebracht wird (Überlastung, mangelnde Kontrolle, fehlende Wertschätzung), kann Burnout bei Menschen mit ADHS auch durch eine Kombination aus beruflichen Belastungen und den oben genannten spezifischen Herausforderungen entstehen, die sich aus der ADHS ergeben. Der Burnout bei ADHS kann also stärker mit einem lebenslangen Anpassungsstress und den neurobiologischen Besonderheiten der Störung zusammenhängen.
Burnout bei Menschen mit ADHS kann durch eine komplexe Wechselwirkung von typischen Burnout-Faktoren und den spezifischen Herausforderungen der ADHS entstehen. Die ständige Notwendigkeit zur Anpassung, die erhöhte Reizoffenheit und Schwierigkeiten in der Selbstregulation spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Mit mir arbeiten
Als Diplom-Coach und PSI-Kompetenzberaterin begleite ich dich aktiv dabei, die wertvollen Erkenntnisse aus der PSI-Diagnostik in konkrete und nachhaltige Veränderungen in Ihrem Alltag zu übersetzen. Mein Coachingansatz unterstützt Menschen dabei, klare und erreichbare Ziele zu formulieren, die präzise auf Ihre individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Wir entwickeln gemeinsam massgeschneiderte Strategien zu, die auf Ihrem persönlichen Profil basieren und sie effektiv im Zeitmanagement, in der Stressbewältigung oder bei der Etablierung neuer Gewohnheiten unterstützen, um Ihre Ziele zu erreichen. Durch gezielte Fragen und Methoden fördere ich die Selbstreflexion und das Bewusstsein für die eigenen Muster und Reaktionen, sodass sie bewusstere Entscheidungen treffen können.